Beschreibung
Die Flamme Rouge, der rote Teufelslappen, markiert seit mehr als hundert Jahren die letzten tausend Meter einer Radrennstrecke. Ein unscheinbares Stück Stoff, aus dem im Laufe der Jahrzehnte oft dramatische Geschichten waren: Daniel Lenz und Florian Summerer haben vierzehn Stars und Außenseiter des Radsportzirkus getroffen, um sie von den Schlüsselmomenten ihres Rennfahrerlebens erzählen zu lassen. Bergfahrer und Sprinter, Kapitäne und Wasserträger, sie alle berichten hautnah und ungefiltert von ihren Erlebnissen auf dem letzten Kilometer: von Geistesblitzen und blankem Entsetzen, von triumphalen Siegen und krachenden Niederlagen, von Stürzen und anderen Pannen, von unerbittlichen Duellen und nervenkitzelnden Solofahrten, von Wendepunkten, die ihre gesamte Karriere geprägt haben.
„Das ist so, als ob man betrunken ist, man fährt wie durch einen Tunnel, ich habe alles nur gedämpft wahrgenommen. Mein Körper hat sich gegen jeden Tritt gewehrt. Die Beine haben zugemacht, nachdem ich über eine Stunde Vollgas gefahren war. Ab und zu habe ich ein paar deutsche Schreie im Publikum gehört“, kann sich Simon Geschke nur noch verschwommen an die letzten Meter seines größten Tages auf dem Rennrad erinnern. „Erst hörst du hinter dir die Motorräder und weißt, dass das Feld nicht mehr weit sein kann. Und dann siehst du das erste Vorderrad neben dir, und schlagartig bricht deine Leistung ein. Es ist vorbei“, schildert derweil Fabian Wegmann den Moment des unverhofften Scheiterns.
Fünf, sechs, sieben Stunden dauern die berühmten Radrennen, die Klassiker wie Paris – Roubaix und die Etappen der Tour de France, doch die Entscheidung fällt meist erst im Finale, manchmal in Bruchteilen von Sekunden. Und so lückenlos die TV-Kameras das Geschehen auch inzwischen verfolgen: Was in solchen Augenblicken tatsächlich in den Köpfen der Fahrer vorgeht, bleibt Zuschauern und Reportern verborgen. Daniel Lenz und Florian Summerer legen mit „FLAMME ROUGE“ nun ein schön gestaltetes, reich illustriertes Buch voller Interviewporträts vor, die genau diesem Geheimnis einfühlsam auf den Grund gehen. Das Kölner Autorenduo hat mit zahlreichen Profis von einst und heute über jene Situationen gesprochen, die ein Radsportler unter allerhöchster Anspannung erlebt, mit schmerzenden Muskeln und voller Adrenalin: Fabian Cancellara, Gerald Ciolek, Martin Elmiger, Robert Förster, Simon Geschke, Hermann Jungbluth, Freddy Maertens, Christophe Mengin, Robert Millar, Leontien van Moorsel, Evaldas Šiškevičius, Didi Thurau, Alexander Winokurow und Trixi Worrack nehmen uns in „FLAMME ROUGE“ mit ins packende Finale legendärer und vergessener Rennen, lassen uns an ihrem Innenleben teilhaben und den Puls noch einmal in die Höhe schnellen.
In „FLAMME ROUGE“ geht es um Intrigen, Gemauschel und günstige Gelegenheiten: Freddy Maertens berichtet von einem Kampf ums Regenbogentrikot, das in eine Jahrzehnte währende Feindschaft zwischen ihm und Eddy Merckx mündete. Didi Thurau indes verwahrt sich vehement gegen den Verdacht, auf der WM-Bühne je geblufft und einen Sieg verkauft zu haben. Und Gerald Ciolek erzählt von der glücklichen Fügung, wenn sich der Topfavorit mehrfach umsieht, aber immer nur auf die anderen schaut. In „FLAMME ROUGE“ geht es um Entscheidungen im Duell Mann gegen Mann und Frau gegen Frau, aus Fluchtgruppen heraus und im Massensprint. Leontien van Moorsel und Alexander Winokurow berichten vom Psychokrieg auf der Zielgeraden, in dem meist der die schlechtesten Karten hat, der als Erster die Nerven verliert und zuckt. Fabian Cancellara singt das Hohelied des Bauchgefühls, das ihm oft den richtigen Moment der Attacke vorgab. Trixi Worrack liefert Einblicke in das Geheimnis des perfekten Sprintzugs. Und Robert Förster schildert den kühnen Fatalismus, mit dem sich die Vollblutsprinter auf regennassem Asphalt den entscheidenden Metern nähern: „Die Reifen funktionieren alle unterschiedlich. Man weiß zwar, was die so aushalten, aber man kann nicht sicher sein, ob der Reifen bis 35 oder 38 km/h durch die Kurve geht…“
„FLAMME ROUGE“ fesselt sportinteressierte Leser mit emotionalen O-Tönen, neuen Blickwinkeln und überraschenden Einsichten. Und oft sind die hautnah geschilderten Final-Erlebnisse auch Ausgangspunkt weiterer bewegender Anekdoten aus dem eigenen Leben der Protagonisten oder aus der Welt des Radsports. Abgerundet wird das Buch aus der Radsportreihe des Covadonga Verlags durch einen Gastbeitrag von Feargal McKay über Ursprünge und Geschichte der Flamme Rouge und weitere Interviews, in denen die Ex-Profis Fabian Wegmann und Ralf Grabsch
sowie der Fotograf Hennes Roth den Stellenwert und die praktische Bedeutung des Teufelslappens aus anderer Perspektive beleuchten: aus Sicht des Streckenplaners, Sportlichen Leiters und Bildreporters.
Die Autoren: Daniel Lenz, 1974 geboren, ist Journalist und Autor sowie als Berater spezialisiert auf die Produkt- und Geschäftsmodellentwicklung von Verlagen. Für den Special-Interest-
Zeitschriftenverlag BVA BikeMedia (u.a. „RennRad“) leitet er die Radclubs, darunter den RennRad Cycling Club (R2C2). Selbst fährt er seit über 20 Jahren Rennrad.
Florian Summerer, Jahrgang 1971, ist eigentlich Art-Direktor bei einer Tageszeitung. Aber er wollte schon immer wissen, wie es sich wohl so anfühlt, tatsächlich Radprofi zu sein und über die Straßen zu fahren, die auch ihm die Welt bedeuten, und sich dabei mit anderen zu messen. Deshalb nahm er an vielen Jedermann-Veranstaltungen der großen Radsport-Klassiker teil. Weil er merkte, dass diese Erfahrungen nicht ganz an die der Berufsfahrer heranreichen, hat er diese einfach danach gefragt, wie es wirklich ist. Florian Summerer lebt in Köln und fährt Rad, wo immer es geht.
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